CI-Zwang per Urteil? Ein implantiertes Baby

Die Pforte zum CI-Zwang?

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Weil die Eltern eines gehörlosen Kindes das Cochlea Implantat (CI) ablehnen, wendet sich ein Klinikum an das Jugendamt. Nun soll ein Gericht entscheiden, ob der Junge demnächst operiert wird
Von Thomas Mitterhuber

Einem Jungen sollen Cochlea Implantate eingesetzt werden – auch gegen den Willen seiner Eltern. Was wie ein Albtraum klingt, hatte seinen Anfang in diesem Jahr: Eine gehörlose Mutter in Niedersachsen will ihren eineinhalb Jahre alten Sohn für einen Krippenplatz anmelden. Weil der Junge auch gehörlos ist, soll er Hörgeräte bekommen und entsprechend gefördert werden. Für ein Audiogramm wird die Mutter an das Städtische Klinikum Braunschweig überwiesen, um die Taubheit von einem HNO-Arzt feststellen zu lassen.

Dort wird das Kind untersucht, im August steht die endgültige Diagnose fest und man rät den Eltern zu einer CI-Versorgung. Schon bei diesem Erstgespräch geben sie jedoch zu verstehen, dass sie eine medizinische Behandlung des Hörschadens ablehnen. Auf eine Einladung des Klinikums im September zu einem Folgegespräch reagieren die Eltern nicht. Schon in diesem Brief wurde die Einbeziehung des Familiengerichts angedroht, der Chefarzt sieht sich darin „als Garant für das Wohl“ des Kindes dazu verpflichtet.

Als Folge schaltet das Klinikum eine Rechtsanwaltskanzlei ein. Im Auftrag des Klinikums schickt die Kanzlei am 17. Oktober dem örtlichen Jugendamt einen Brief, in dem fett und in Großbuchstaben prangt: EILT SEHR! Der beauftragte Rechtsanwalt schreibt, die Eltern würden kategorisch und ohne Nennung von Gründen eine CI-Versorgung – aus Sicht des Klinikums eine medizinisch notwendige Behandlung – ausschließen. Die Ablehnung der Eltern wird deshalb als Kindswohlgefährdung verstanden.

Deshalb regt der Anwalt das Jugendamt an, ein Verfahren beim Familiengericht zum Kinderschutz anzustoßen. Das Ziel ist es, eine Zustimmung zur beidseitigen CI-Behandlung zu erzwingen – und zwar innerhalb der nächsten zwei Monate („im Januar 2018“), notfalls mit einem Gerichtsurteil. Die Eltern sind geschockt. Dies würde einen massiven staatlichen Eingriff in die familiäre Autonomie (= Selbstbestimmung) bedeuten. „Es ist eine Einmischung in unser Leben“, sagt die Mutter.

Die verzweifelten Eltern nehmen Kontakt zu der Gebärdensprachdolmetscherin und Expertin Karin Kestner auf, die sie in dem Fall unterstützt und dem Jugendamt Hintergrundinformationen liefert. Ein CI sei „keine lebenserhaltende oder lebensrettende Operation“, schreibt Kestner und widerspricht damit der angeblichen medizinischen Notwendigkeit. Dabei verweist sie auf ein Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main, das besagt, eine Entscheidung gegen das Cochlear Implantat müsse respektiert werden. Außerdem sah das Gericht beim damaligen Fall keine Kindeswohlgefährdung aufgrund einer fehlenden CI-Versorgung.

Das Jugendamt reagiert. Drei Tage später besucht ein Sozialarbeiter mit einer Gebärdensprachdolmetscherin die Familie. In diesem Gespräch erläutern die gehörlose Mutter und der schwerhörige Vater ihre Gründe. Der Sozialarbeiter erlebt sie als aufgeklärt über die Chancen und Risiken des CIs. Sie würden zwar erfolgreiche CI-Fälle kennen, aber auch solche mit Problemen und Nebenwirkungen. Es gebe eben keine Garantie auf Erfolg. „Ein gehörloser Mensch kann im Leben vieles erreichen: Bildung, einen Beruf, den Führerschein. Es gibt doch Gebärdensprachdolmetscher“, sagt die Mutter der DGZ.

Im Gesprächsprotokoll merkt der Sozialarbeiter Folgendes an: „Die Kindseltern wirkten informiert und so, als ob sie diese Entscheidung sehr lange und sehr gut durchdacht haben und dass sie auch die Tragweite der Entscheidung verstehen.“ Eine kategorische Ablehnung ohne Nennung von Gründen sieht anders aus.

Trotz dieses vorsichtig-positiven Eindrucks schreibt der Sozialarbeiter dem örtlichen Familiengericht, dass eine „erhebliche nachhaltige und schwerwiegende Schädigung mit Sicherheit voraussehbar“ sei. Im sozialen Leben sowie in der Berufswahl müsse mit Einschränkungen gerechnet werden. Die Eltern bekommen daraufhin eine Vorladung zu einem Gerichtstermin, für den 10. November. Dem mittlerweile zweijährigen Kind wird eine Anwältin als juristischer Beistand zugewiesen.

Für Kestner ist jedenfalls klar: Das Klinikum betreibt Nötigung. Man wolle eine CI-Operation erzwingen und zwar aus wirtschaftlichen Interessen. „Gehörlosen Eltern auf diese Weise Druck zu machen, ist absolut kontraproduktiv!“, sagt sie. Andere Kliniken setzen dagegen auf Vertrauen und Freiwilligkeit. Arno Vogel zum Beispiel: „Der Schritt muss aus ureigener Überzeugung der gehörlosen Eltern heraus erfolgen!“, schrieb der ehemalige therapeutische Leiter des CIC Schleswig-Kiel einst im Magazin Nervenheilkunde.

Weil sich keine Gebärdensprachdolmetscher fanden, wurde der erste Verhandlungstag auf den 20. November verschoben. An diesem Tag wird die Richterin die verschiedenen Seiten anhören. Wie in einem bösen Traum wähnt sich die Kindsmutter. „Ich habe Angst vor diesem Termin.“

Foto: Bjorn Knetsch

 

Dieser Artikel ist in der DGZ 11 | 2017 erschienen und wurde aus gegebenem Anlass online veröffentlicht.

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29 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • Ein sehr guter Artikel, der zum Nachdenken bringt. Mich überrascht es, dass das Gericht den Fall nimmt. Ist es nicht klar eine Nötigung?
    Mich interessiert es, wo die Grenze zwischen dem Annehmen und Ablehnen der Fälle ist.

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  • Morgan Schwab
    15. November 2017 1:34

    Ein CI gegen den Willen der Eltern implantieren – das geht gar nicht. Ich trage selber zwei CI`s. Das heisst, man muss das sehr, sehr gut überlegen. Wenn die Eltern des Kindes Nein dazu sagen, dann muss das akzeptiert werden, ohne Zwängerei, ohne überflüssige Diskussionen. Der Wille der Eltern muss respektiert werden. Im übrigen : Man kann auch ohne CI gut leben. Aber es ist immer eine persönliche Entscheidung, ob Ja, oder ob Nein zum CI. Und das gehört respektiert. Das sollte diese Klinik, die die Eltern zum CI drängen will, endlich begreifen, und auch respektieren. Gehörlose Erwachsene können sehr gut selber entscheiden, und sie können das Für und Wider auch sehr gut erkennen und darlegen. Verdammt nochmal, es ist die Entscheidung der Eltern. Lasst den Eltern die Entscheidung, sie wissen genau was sie tun, und es ist in ihrem Fall richtig !!!!

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  • Jürgen Endress
    15. November 2017 12:35

    …das größte Problem ist selbst die „unantastbare“ Ideologie der zahlreichen ‚deutschen Hörenden, die über uns Taubenleben und Taubenkultur ohne Aufklärung anders wahrgenommen haben. Ohne die Hintergrund richtig zu kennen, dürfen sie über uns auch nicht benoten und preisgeben. Ich vermisse jahrelang eine richtige große Aufklärungsspritze, die in die hörende Ideologie gespritzt werden muss. Wie, also schon in allen hörenden Schulen (Primär- und Sekundarstufen) aufklären und zwar RICHTIG.

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  • Der Arzt verstößt ganz klar gegen unser Grundgesetz Artikel 6,2 – ob aus Unwissenheit sei dahingestellt!
    Ich hoffe sehr, dass das Familiengericht dieses Grundgesetz bei seiner Entscheidung berücksichtigt und die finanziellen Gründe NICHT über Artikel 6,2 GG stellt.

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  • Ursula Petersen
    15. November 2017 18:20

    Ich bin mir da nicht so sicher, ob die Entscheidung IMMER bei den Eltern liegen sollte. Diese Eltern haben das Informationsgespräch inder Klinik abgelehnt. Es gibt Eltern die aus religiösen oder sonstigen Gründen Kinder mit Krebs nicht behandeln lassen, die Impfungen ablehnen…. Leider entscheiden nicht immer Eltern zum Wohl ihres Kindes.
    Vielleicht sollte da doch noch mehr im Interesse des Kindes Mit den Eltern und anderen Ärzten beraten werden.

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    • Marion Walter
      16. November 2017 19:15

      Eine Krebsbehandlung oder eine unterlassene Impfung ist nicht mit einer CI Versorgung zu vergleichen. Es besteht weder Lebensgefahr für das Kind, noch für die Umgebung. Und die Eltern haben sehr wohl mehrere Gespräche mit dem Krankenhaus geführt. Schließlich wurde das Kind dort untersucht. Sie haben aber klargemacht, dass sie diese Versorgung nicht wünschen. Da beide Eltern selber taub/schwerhörig sind, werden sie bereits ausreichend über diese Form der Behandlung informiert sein.
      Wo kommen wir hin, wenn Chefärzte ab jetzt solche Entscheidungen treffen? Das wird dann ja ein lohnendes Geschäft.

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    • Die Eltern wurde x-mal auch von der Frühförderin aufgeklärt. Sie sind beide sehr gut informiert. Und wenn ich von einer Klinik einen Brief bekomme, in dem schon mit Jugendamt gedroht wird, würde ich auch einen Teufel tun und da noch mal hingehen.

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    • Sehr geehrte Frau Petersen,
      es ist ein sehr guter Aspekt, noch einmal die wesentlichen Punkte in einem Gespräch abzuklären. Dennoch sollte es ein Gespräch auf Augenhöhe sein, und kein Informationsgespräch mit einer Drohung mit Konsequenzen. Mit diesem Hintergrund kann man nicht sachlich sein, sondern dann geht es um die Verteidigung der Interessen und nicht mehr um den Kern, das Wohl des Kindes.

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    • Sie haben das Gespräch abgelehnt, weil sie selbst in ihrem eigenen Umfeld Fälle kennen, und nicht nur negative Fälle sicherlich.
      Die Eltern sind bereits informiert über jegliche medizinische Aspekte und noch viel mehr: sie kennen im Gegensatz zu unserer sehr hörenden Gesellschaft auch Nebenwirkungen und etc welche von den Medizinern sehr gerne unter den Teppich gekehrt wird.
      Warum haben sie ein solches Gespräch nötig, vorallem wenn schon an dieser Stelle mit dem Jugendamt und dem Gericht gedroht wird?

      Desweiteren stehen einem Gehörlosen Kind mit einem Dolmetscher alle Möglichkeiten dieser Welt offen. Es gibt sogar eine UNI, an der nur in GEBÄRDENSPRACHE kommuniziert wird. Und auch deutsche Unis geben die Möglichkeit, alles in dieser Welt erdenkliche zu studieren. Nur gebärdensprachdolmetscher könnte schwierig sein…

      Andersherum: mit einem CI ist man genauso schwerbehindert wie zuvor, man kann sich schlecht in räumen mit viel Hintergrundgeräuschen bewegen, weil diese gern in einander verschwimmen (es ist also kein Ersatz zum hören) und es muss ein Leben Lang trainiert werden, weil es keine natürlichen Hörreize gibt. Desweiteren wird man beruflich mit Technik im kopf doch sehr eingeschränkt. Interesse an Radiologie? Theoretisch möglich, praktisch nicht befriedigbar, weil Sender im Kopf!

      Derzeit geht man von ca. 30% unzufriedener Träger aus, eine genaue Statistik ist aber nicht gegeben! Nebenwirkungen werden totgeschwiegen. Allein Tils Fall sollte inzwischen relativ bekannt sein. Außerdem sehen gehörlose Menschen sich als eine eigene Kultur.
      Die Menschen fragten mich warum ich DGS-Dolmetscherin werden möchte, wo doch das mit dem CI ohnehin nach und nach jedem Kind eingeführt wird und der Beruf somit unnötig?!
      Wie soll all das funktionieren? Ich verweise noch einmal darauf, dass dies eine eigene Kultur ist, mit einer anerkannten Sprache!
      Ist unsere Gesellschaft wirklich derart intolerant geworden? Erst Gebärdensprache jahrelang verbieten, dann wieder aufnehmen und nun einem Kind einen Sender in den Kopf kloppen?! Das ist echt unglaublich und ich bin fassungslos…

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  • Theo Gradefrau
    15. November 2017 19:20

    Es ist oft ein schmaler Grad zwischen Annahme und Ablehnung. Gerade in diesem speziellen Fall finde ich ist die Entscheidung der Eltern zu akzeptieren. Mag sein, das viele CI‘ s Lebensqualität bringen, Tatsache ist aber auch das jedes CI ein Stück Taubenkultur zerstört.
    Wachsamkeit tut hier Not!(Ich bin hörend)

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  • Unabhängig davon wer letztendlich im Recht ist: Die Eltern oder das Klinikum, eine weitere Behandlung dürfte am Klinikum Braunschweig ausgeschlossen sein, da das Vertrauen zwischen dem Klinikum und den Eltern des gehörlosen Kindes extrem und nachhaltig gestört ist.

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  • Hartmut Teuber
    18. November 2017 2:29

    Ein Argument muesse auch angefuehrt werden ueber die Wirtschaftlichkeit eines CI fuer dessen Traeger. Es wird oft behauptet, dass taube Menschen dem Volk mehr kostet, weil sie Dolmetscher fuer den Umgang mit Hoerenden beanspruchen. Die CI-Traeger benoetigen sicherlich auch Dolmetscher, weil sie Deutsch in gesprochener Form nicht oder nur teilweise verstehen koennen. Dies zusaetzlich zu den hohen medizinischen Kosten fuer eine CI-Operation und die darauffolgende intensive, jahrelange Rehabilitation. Kurz gesagt, CI-Traeger kosten der Volkswirtschaft mehr als nicht CI-Traeger. Es wurde damals aehnlich behauptet, dass oralistische Spracherziehung, d.h. ohne Gebaerdensprache, tauben Menschen mehr Integration in der hoerenden Gesellschaft ermoegliche, dass das CI denen hoehere Lebensqualitaet bereite, was nie vollbracht wurde. Auch in Oralismus erfolgreich erzogene taube Menschen, solche mit ueberdurchschnittlich guter Sprech- und Ablesefaehigkeit benoetigen Sprech- oder Schriftdolmetscher, und zwar nicht selten. Auch oralistische oder monolingual erzogene taube Personen erfahren die gleichen Barriere, wie jede andere Gebaerdensprachbenutzer. Sogar Schwerhoerige, die telefonieren koennen, erfahren das gleiche. Deswegen lernen sie die Gebaerdensprache, um mehr an Lebensqualitaet durch Gebaerden zu erhalten. In den USA sehe ich, die CI-Traeger benutzen fleissig ASL.

    Auch muesse stark betont werden, dass taube Menschen NIE einsprachig in Gebaerden aufwachsen. Sie alle werden zweisprachig in Gebaerdensprache wie DGS und Lautsprache wie Deutsch zu verschiedenen Graden. Wer sagt, dass wir eine Entweder-Oder Linie verfolgen, der luegt gewaltig. Der verfolgt stets die Maxime „Try das, dann das andere wenn das erstere nicht klappt“. Mit dieser Maxime ist Halbsprachgkeit vorbestimmt fuer dessen Opfer. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass taube Kinder die zuerst DGS als Kleinkind erwirbt und kurz danach Deutsch auf Grundlage der ordentlich erworbenen Erstsprache viel besser Deutsch lernen als denen, die Deutsch als Erstsprache mit grosser Muehe zu sehen bekommen.

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    • „Die CI-Traeger benoetigen sicherlich auch Dolmetscher, weil sie Deutsch in gesprochener Form nicht oder nur teilweise verstehen koennen“

      Herr Teuber das ist schlicht und ergreifend Unsinn.

      Ich arbeite selbst mit 3 CI Trägern zusammen (2x über 60, 1 x unter 25) und kenne noch einen CI Träger (unter 20).
      Mit allen 4 kann man sich ganz normal unterhalten und das einzeln im Ruhigen als auch in Gruppen im Lauten.
      Die beiden unter 25 sind taub geboren worden, die älteren Herrschaften aufgrund von Unfällen und Krankheiten ertaubt.
      Der Ältere der beiden Jungen hat normal studiert, der andere maturiert (Abitrur) in der Regelschule nächstes oder übernächstes Jahr.

      Alle 4 brauchen keinen Doltmetscher, für gar nichts.

      Beste Grüße

      Mit allen 3 kann man sich

      Antworten
  • Ich Frage mich
    1. Was geschieht wenn die Operation nicht erfolgreich ist WER trägt die Verantwortung für das Risiko, die Schmerzen, Verunsicherung und ggf. Traumstisierung des sehr kleinen kindes
    2. Was geschieht wenn die op erfolgreich ist wie soll das kind mit der veränderten Situation in der Kommunikation mit den Eltern umgehen wie sollen die Eltern den Unterschied zu vorher erklären wie sollen die Eltern die Fragen bezüglich des Hörens beantworten wie geht die Familie mit der entstandenen Diskrepanz um
    Was bedeutet das alles für Psyche und das seelische Gleichgewicht des kindes…
    3. Was geschieht tatsächlich nach einer erfolgreichen op
    Wie kann das hören -und das sprechen lernen im familenalltag gefördert werden wenn die eltern die hör- und sprechversuche des kindes selbst nicht wahrnehmen können soll dann das kind vom jugendamt in eine hörende familie gegeben werden …

    Wäre es nicht toll, wenn das Geld und die Energie, die für die OP, Nachsorge bzw. den Rechtsstreit investiert würde in eine optimalere Integration hörbehinderter Menschen in unsere gesellschafft verwendet würde. Mir fallen so viele projekte ein, hörbehinderte Menschen gleichberechtigt und emanzipiert in der Gesellschaft teilnehmen zu lassen und sie damit aus Benachteiligung Einsamkeit und Isolation zu befreien

    Also denken wir darüber nach was ist gerecht akzeptierend und anerkennend und
    Was ist arrogant ignorant und diskriminierend
    Die un-konventionen definieren die Rechte hörbehinderter Menschen klar und deutlich

    Antworten
  • […] Die Deutsche Gehörlosenzeitung berichtet: “Weil die Eltern eines gehörlosen Kindes das Cochlea Implantat (CI) ablehnen, wendet sich ein Klinikum an das Jugendamt. Nun soll ein Gericht entscheiden, ob der Junge demnächst operiert wird.” […]

    Antworten
  • Auch wenn ich hier massiven Gegenwind erhalten werde sehe ich das Vorgehen der Klinik als vollständig gerechtfertigt und hoffe daß das Gericht pro-OP entscheidet!
    Warum:
    Wenn das Kind selbst erwachsen geworden ist und dann Aufgrund eigener Meinung doch den Sinneseindruck „Hören“ und Lautsprache erfahren will (und auch von hinten kommende Autos hören will) ist es zu spät!
    Das Hörzentrum des Gehirns hat die Plastizität verloren – es kann operiert werden, aber das CI wird definitiv nichts bringen.
    Ab 3 Jahren, aber sicher mit spätestens 5 Jahren ist der Zug für das Kind abgefahren.

    D.h. die Eltern zwingen dem Kind und einen Lebensweg auf den es vielleicht nicht will.

    Ich verstehe das dieser unbekannte Weg für die Eltern der wesentlich schwierigere ist. Dem Kind etwas ermöglichen das bei einem selber entweder nicht funktioniert hat oder es noch nicht gegeben hat.

    Das Kind kann und soll Gebärde lernen. Das muß es sowieso um mit den Eltern zu kommunizieren.
    Das Kind wächst damit zweisprachig auf und kann als Botschafter zwischen den Welten vermitteln, anstatt es an eine der Welten zu ketten.

    Dem Kind werden, mit OP, mehr Möglichkeiten als den Eltern offen stehen.

    Man kann natürlich fordern das es auf jedem Amt, in der Schule, auf der Uni und in jeder Firma Gebärdendolmetscher gibt usw. , vielleicht & hoffentlich ist es auch einmal soweit, aber um ganz ehrlich zu sein glaube ich nicht daran.

    Antworten
    • #D.h. die Eltern zwingen dem Kind und einen Lebensweg auf den es vielleicht nicht will.

      Entschuldigung, aber kommt ihnen nicht der Gedanke, dass der „Zwang“ nicht von den Eltern, sonderm vom Krankenhaus kommt, die das Kind in einen Lebensweg „zwingen“ wollen, dass es vielleicht nicht will??
      Klar, ein 1 1/2 jähriges Kind kann nicht selbst entscheiden, was gut und schlecht für ihn ist, aber gleich mit dem Jugendamt und mit dem Gericht drohn, finde ich kurz gesagt eine Riesen unverschämtheit. Den gehörlosen Kindern geht es doch trotzdem gut, auch wenn sie das Handicap haben, gehörlos zu sein.

      Antworten
    • Ein Gericht sollte nicht darüber entscheiden, ob die Indikationen für oder gegen die Operationen stehen. Das liegt erstens in den Händen von Ärzten. Und die Ärzte müssen so handeln, dass die Operationen letzte Option ist. Wie es von einigen im Forum bemerkt worden ist, handelt es sich nicht um eine lebensrettende Operation.
      Ich kenne ein Mädchen, welches zwei CI trägt und ohne Hilfe ein Gymnasium besucht. Dennoch: sie wird gemieden von den anderen Kindern, weil sie erfolgreicher ist als viele hörende Kinder. Es herrscht noch eine zu starke Mentalität: hörgeschädigt=hirngeschädigt. Also hat das hörgeschädigte Kind den Auftrag, dumm zu sein. Dass manche das CI befürworten, hat eher mit Bequemlichkeit zu tun. Da wollen sich manche nicht die Zeit aufbringen, laut und deutlich zu sprechen.
      Ich kenne noch jemanden, er trägt trotz der Indikation kein CI und hat trotzdem die Sprache und das Sprechen gelernt. Und der Zug ist bei ihm längst abgefahren, da er schon über 60 ist. Von wegen, man kann dann nicht mehr CI einsetzen lassen.
      Die Freiwilligkeit ist die beste Basis für die CI-Operation, das beruht mehr auf Vertrauen zu den Ärzten und der Gesellschaft. Oft ist eine erfolgreiche Operation nicht gegeben, wenn es bei der Nachversorgung zu viele Hindernisse gibt.

      Antworten
  • Die Klinik handelt eindeutig gegen das Grundgesetz. Und ich finde es furchtbar wenn sich Hörende hier einen Kommentar erlauben , die keine Ahnung von Gehörlosen und keinen Umgang mit Gehörlosen haben.
    Ich habe selbst eine gehörlose Tochter, einen gehörlosen Schwiegersohn und meine Enkeltochter ist ebenfalls gehörlos. Alle anderen in der großen Familie sind hörend und es würde keiner auf die Idee kommen zu drängen
    der Kleinen ein CI einzusetzen. Das isz einzig und allein die Entscheidung der Eltern. Die CI’s sind noch nicht da wo sie sein sollen. Es passiert noch zu viel. Die ganze Entwicklung ist noch nicht perfekt. Die OP hat zu viel Risiken.
    Eine OP darf von Ärzten nur angeordnet werden wenn Gefahr für Leib und Leben besteht.
    Meiner Meinung nach bestehen in diesem Fall nur kommerzielle Interessen.
    Wir operieren in Deutschland schon mehr als 50% unnötige orthopädische Sachen und jetzt sollen auch noch die Kleinkinder auf den OP Tisch gezogen werden. Die Klinik in Braunschweig sollte sich schämen oder ihren komischen Arzt entlassen. Ich hoffe da geht keiner mehr hin.
    Den Eltern würde ich raten sich an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages zu wenden und dort eine Eingabe zu machen.

    Antworten
  • Carsten Schwarz
    28. November 2017 14:51

    Das ist schon komisch, ich verstehe nicht, warum das CI dem Kind die Möglichkeit nehmen soll an der Gehörlosenkultur teilzunehmen – Gebärdensprache ist eine eigene Sprache, die jeder lernen kann. ABER: Englisch, Deutsch etc. sind Sprachen die sich deutlich einfacher lernen lassen, wenn man hören kann.

    Die Integration von Ausländern erfolgt auch i.d.R. über das lernen der jeweiligen Gastlandsprache.

    Und zu sagen: man kann jeden Beruf lernen und sich überall mit Gebärdensprache verständigen ist schlicht falsch.

    Wer bezahlt den den ständigen Einsatz des Dolmetschers? Die Familie oder die Allgemeinheit?

    Auf der anderen Seite sollten die Eltern, die das volle Sorgerecht haben entscheiden, was für ihr Kind bis zur Volljährigkeit richtig ist. Die Chancen, die diese Eltern ihrem Kind nehmen, müssen sie diesem irgenwann selber erklären.

    Antworten
  • Jagomir Bohn
    1. Dezember 2017 16:43

    Vorab muss der Chirurg sich vollkommen klar darüber sein, dass er sich hier keinerlei, auch nicht die kleinste, Variante oder Komplikation im Heilungsverlauf erlauben darf. Der Druck hierzu ist geradezu massiv. Gleich vorweg, wenn der seltene Fall eintreten sollte und das Kind stirbt, bringt keine noch so hohe (und in jeder extremen Summe dann absolut verständliche) Geldsumme das Kind wieder zurück. Es werden damit potentielle Unwiederbringlichkeiten geschaffen, indem es sich durchaus um einen extrem ernsten Eingriff handelt. Chirurgie bringt nun aber stets die Allerweltsrisiken Blutung, Infektion und Nervenschädigung mit sich, und das ist bei einer Operation im Bereich Schädel und Hirn extrem schwerwiegend. Man muss sich eine Schiefgehen leisten können. Die Eltern und das Kind, soweit möglich, müssen zwingend aufgeklärt werden und ob der Arzt das nun will oder nicht muss auch geklärt sein, wer die Folgen von Komplikationen trägt, und wie hoch der mögliche Schadensersatz ausfallen wird. Damit kann sich das Gericht nämlich bereits jetzt befassen. Umgekehrt ist es eine Situation, in der die Haftpflichtversicherung des Arztes tunlichst die AGB anpassen sollte, indem Zwangsoperationen nicht versichert sind. Dies erhöht den Druck auf den Arzt, nicht Strafklage gegen den Status der Wahloperation zu führen, wenn doch die dunkle Seite der möglichen Todes- oder Schadensfolge nicht zu Ende gedacht ist.

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  • Marina Riemer
    9. September 2020 10:19

    Elternrecht gut und schön. Aber klar ist schon, dass die Eltern dem Kind ein Gehör hätten geben können. Stattdessen entscheiden sie, dass das Kind ein Leben lang behindert sein wird. Ist das im Sinne des Kindes? Nein, es ist super egoistisch von den Eltern, die ihre eigene Identität als Gehörlose gefährdet sehen, sie machen das nur für sich.
    Dennoch sehe ich keinen Anlass die Rechtslage zu ändern. Ich finde, dass die Eltern das entscheiden können müssen, ansonsten wäre das Elternrecht komplett demontiert.

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